Verfluchter Wackelzahn, der wackelt, aber nicht ausfallen will. Es half nichts, der Zahnarzt musste nachhelfen, denn der neue Zahn schaffte es einfach nicht, den Alten rauszuwerfen.
Er wurde immer kleiner auf dem Stuhl, während der freundliche Arzt ihm erklärte, dass er jetzt eine Spritze bekäme, der Rest wäre ein Klacks. Die Augen röteten sich und glänzten verdächtig, er schluckte und nickte tapfer, während der Mann in Weiß auf ihn einredete. Plötzlich schluchzte er los und schüttelte energisch den Kopf: „Nein. Das geht doch nicht! Wenn ich betäubt bin, kriegt Mama mich nicht zurück zum Auto!“
Mir fiel ein Stein vom Herzen und dem Zahnarzt gleich mit. Er erklärte ihm, dass nur das Zahnfleisch betäubte würde. „Ach so“, winkte der kleine Patient tapfer ab und es konnte losgehen. Ich reichte ihm noch rasch seine kleine Schnee-Eule. Die klammerte er so fest, dass seine Finger ganz weiß wurden, während der Arzt ihn ein paar Mal piekste.
Im Handumdrehen war der Zahn gezogen und ich wunderte mich: mein Sohn stand vom Stuhl auf und war eindeutig größer als vorher. Die Erleichterung machte es ihm leicht ganz gerade und aufrecht vor dem Arzt zu stehen, bei dem er sich ganze viermal wortreich bedankte.
Auf dem Weg zum Auto stand sein kleiner Mund nicht still. Mehrfach ließ er seitlich die Zunge heraushängen und rollte die Augen nach oben, um mir zu demonstrieren, dass er dachte, er würde von der Spritze ohnmächtig. Es sah so lustig aus, dass ich lachen musste. Erst da fiel auch von mir die Anspannung ab.
Als er auf dem Stuhl gesessen hatte, wünschte ich mir nichts mehr, als die Sache für ihn auf mich nehmen zu können. Ich hätte ihm die Angst und das bisschen Schmerz in dem Moment gerne erspart.
Als er schließlich im Auto wieder hinter mir saß und ich sein Gesicht im Rückspiegel betrachtete, seine offener Blick, mit dem er hellwach und munter aus dem Fenster schaute, wünschte ich mir das nicht mehr. Stattdessen hoffe ich jetzt, dass ich ihm noch lange zur Seite stehen kann, während das Leben ihm seine Prüfungen abverlangt.