Für Kids

Achtung Stinkefüße!
In einer dunklen und düsteren Höhle lebte eine Hexe, die hatte so fürchterliche Stinkefüße, dass ihre Katze häufig eine Wäscheklammer auf der Nase tragen musste. Deshalb konnte das arme Tier – Schnurrle war übrigens ihr Name - kaum noch richtig schnurren.
Eines schönen Tages, nach einem herrlichen, langen Waldspaziergang, war es besonders schlimm. Vom Marschieren hatte die Hexe, Malodora war übrigens ihr Name, schrecklich heiße Füße bekommen. Kaum waren sie und ihr Kätzchen zurück in der gemütlichen finsteren Höhle, ließ Malodora sich auf ihren gut gepolsterten Popo plumpsen und betrachtete erschöpft die dampfenden Spitzen ihrer alten Stiefel. Dichter gelblicher Qualm stieg daraus auf. Die Hexe legte ihren Besen beiseite, der ihr beim Spaziergang hervorragende Dienste als Wanderstock geleistet hatte, und versuchte hastig ihre Füße aus den Stiefeln heraus zu bekommen. Nach einem mühsamen Geziehe und Gezerre konnte Malodora endlich mit den nackten Zehen in der kalten Höhlenluft wackeln.
Die arme Schnurrle teilte die Erleichterung ihrer Besitzerin kein bisschen. Die Heißfüße waren nämlich die reinsten Schweißfüße. Käsemief allerübelster Sorte quälte das zarte Katzennäschen, sodass Schnurrle nichts anderes übrig blieb, als wieder einmal zur Wäscheklammer zu greifen. Mit der Klammer auf der Nase, die samtigen Pfötchen schmollend vor der Brust verschränkt, maunzte sie der Hexe noch ein beleidigtes „Mau“ an den Kopf und kniff ihre Katzenaugen zu, weil der Mief ihr schon in den Augen brannte.
„So kann es nicht weitergehen“, seufzte Malodora betroffen und dachte nach.
Für jedes Problem gab es eine Lösung, und für eine Lösung brauchte die Hexe nur einen kleinen Geistesblitz. Einen Geistesblitz bekam sie immer, wenn sie sich ordentlich am Kopf kratzte, also hob sie die Hand, konnte sich aber gar nicht kratzen, weil sie noch ihren Hexenhut aufhatte.
Schon während sie den abnahm, kam ihr ohne zu kratzen eine Idee, denn es rieselte etwas aus dem Hut, das an Schuppen erinnerte. „Simsa-Bimsala-Salz, na klar“, flüsterte die Hexe.
In jedem echten Hexenhut steckt diese magische Substanz. Malodora griff mit dem Arm tief bis in den Zipfel hinein und bekam eine ordentliche Menge Simsa-Bimsala-Salz zu fassen.
Inzwischen hatte sie mit ihrem Treiben wieder Schnurrles Aufmerksamkeit geweckt. Dem Kätzchen sträubte sich mächtig das Fell, als die Hexe das Zaubersalz vor ihren käsigen Quadratlatschen auf den Fußboden rieseln ließ, aber als drei winzige magische Energiefünkchen aus dem kleinen Häufchen aufstiegen, wagte Schnurrle es, die unangenehm kneifende Klammer von der Nase zu nehmen.
Nachdenklich betrachteten beide das Zaubersalz. „Was hältst du von einem Fußbad?“, fragte Malodora ihre kleine vierbeinige Freundin.
Bei dem Wort „Bad“ stellten sich dem wasserscheuen Katzentier zwar augenblicklich die Rückenhaare auf, trotzdem antwortete sie mit einem lauten und deutlichen: „Maunz!“, und dabei wedelte ihr langer Schwanz einmal bedächtig auf und ab.
„Das werte ich mal als Ja!“, beschloss Malodora und sagte laut: „Hokus Pokus, 1,2,3. Badewanne komm herbei!“
Dichter Zauberrauch kam auf und hüllte im Nu die Hexe samt Katze ein. Plötzlich tat es einen gewaltigen PUFF! und der Nebel war verflogen. Wo eben noch die Wolke war, stand jetzt eine blanke, silbern blitzende Wanne voll mit duftendem Badewasser.
„Na also“, freute sich Malodora und krempelte ihre langen Unterhosen hoch. Mit dem dicken Stinkezeh prüfte sie vorsichtig die Wassertemperatur. „Ganz angenehm, nicht zu warm und nicht zu kalt und riechen tut es auch ganz gut. Oder, was meinst du?“, wandte sie sich an Schnurrle.
Der Geruch war der Katze in diesem Moment reichlich Wurscht, weil ihr ganzes Gesicht russ-geschwärzt war von der Explosion des Simsa-Bimsala-Salzes. Aber nicht einmal eine Million gefährlicher Wolfshunde wären gefährlich genug, eine Hexenkatze wie Schnurrle in eine Wanne voll Wasser zu bekommen. Für das schwarze Gesicht musste ein feuchter Waschlappen reichen!
Während Malodora ihre Füße wischte, schrubbte und wienerte, umkreiste Schnurrle mit einer Mischung aus Misstrauen und Neugier das silberne Gefäß.
Nach einer halben Ewigkeit stieg die Hexe endlich aus dem Wasser. Ihre Füße waren nicht nur sauber, sondern absolut rein, aber der Gestank war leider wasserfest. Auch die wohlriechende Seife konnte diesem Mief nichts anhaben, also griff Schnurrle zur Wäscheklammer. Maunz!
Voller Wut riss Malodora sich den Hexenhut vom Kopf und sprang mehrer Male darauf herum, dann hob sie den Hut auf und stampfte zum zartrosa Zauberspiegel.
Dort wühlte sie tief im Zipfel des Hutes, bekam eine Prise Simsa-Bimsala-Salz zwischen Daumen und Zeigefinger und warf das Zeug im hohen Bogen hinter den Spiegel.
Wieder tat es einen gewaltigen PUFF! Schnurrle war unter dem Spiegel in Deckung gegangen und gab ein ängstliches „Miau“ von sich. Die Zauberexplosion warf Malodora glatt von den Stinkefüßen.
Kaum war der Qualm diesmal verflogen, steckte Malodoras Spiegelbild, ihren Kopf heraus und grüßte freundlich „Schwesterhexen, hallo! Doramalo ist Name mein.“
„Schwesterhexen?“, wiederholte Malodora mürrisch. „Hallo, Hexenschwester, wolltest du wohl sagen? Egal“, winkte sie ab, „und selber Hallo!“ Sie war immer noch sauer, weil das ganze Waschen nichts genutzt hatte.
„Gerufen mich du hast warum?“, wollte Doramalo wissen.
Die verzweifelte Stinkefußhexe deutete auf ihre qualmenden Käsequanten und erzählte ihrem zum Leben erwachten Spiegelbild von ihrem Problem. Sie vergaß dabei nicht zu erwähnen, wie sehr ihr geliebtes Haustier unter der Geruchsbelästigung zu leiden hatte.
„Tun nichts gar leider ich kann aus Seite dieser von“, erklärte Doramalo.
Malodora brauchte einen Moment bis sie kapierte: „Ach du meinst, von dieser Seite aus kannst du leider gar nichts tun“, wiederholte sie.
„Es ist so“, bestätigte Doramalo.
„Dann komm doch rüber“, schlug Malodora vor.
„Hilfe deine ohne, nicht geht das“, sagte Doramalo.
Malodora zögerte nicht länger. Sie packte ihr Gegenüber bei den Schultern und zog mit aller Kraft an Doramalo. Aber so leicht, wie sie sich das vorgestellt hatte, war es bei weitem nicht. Der zartrosa Zauberspiegel wackelte gefährlich hin und her und drohte schon umzukippen, denn Doramalo war das absolute Ebenbild ihrer Hexenschwester und hatte auch deren stattliches Figürchen. Als das Spiegelbild sich endlich aus dem Spiegel löste, landete Doramalo mit einem gewaltigen Satz auf Malodora.
„Uff!“, stöhnte die Arme, weil das Gewicht ihres Ebenbildes die ganze Luft aus ihr herausdrückte. Sie war in diesem Moment sicher, dass sie ihr weiteres Leben als Briefmarke zubringen würde.
Endlich saßen sich die Hexen gegenüber. „Also wenn das Waschen nix genützt hat, dann müssen wir etwas anderes ausprobieren“, sagte Doramalo entschlossen, die jetzt, wo sie auf der anderen Seite vom Spiegel war, normal sprechen konnte. Sie griff tief in ihren Hexenhut und holte eine Prise rotes Bimsa-Simsala-Salz heraus. „Welchen Geruch magst du denn am liebsten?“, wollte sie von Malodora wissen.
„Einen der bestens zu deinem roten Zauberpulver passt. Für mich geht nichts über Erdbeeren“, schwärmte die Stinkfußhexe. „Erdbeeren sind für mich das Größte.“
„Und Schnurrle? Mag die Erdbeeren?“
„Hm! Also gegessen hat sie noch keine. Nicht einmal eine von den winzigen Walderdbeerchen, an denen wir vorhin beim Spaziergang vorbei gekommen sind, aber ich denke, für Schnurrle ist alles besser als der Käsemief. Der lockt höchstens die frechen Höhlenmäuse an“, sagte Malodora.
„Also gut, probieren wir es damit“, meinte Doramalo und rief laut: „Pokus Hokus, 3 und 2 und eine, Erdbeersocken werden deine!“ Dabei streute sie das rote Bimsa-Simsala-Salz auf die Füße ihrer Hexenschwester.
Es tat einen so gewaltigen PUFF!, dass Doramalo und Schnurrle ihre Ohren festhalten mussten, sonst wären die ihnen vom Kopf geflogen. Als sie wieder hinsahen, hatte Malodora ein paar niegel-nagel-neue, nach Erdbeeren duftende Socken an den Füßen, die auch noch eine super-duper-weiche Antirutschsohle unten drunter hatten.
„Hurra!“, freute sich die Ex-Stinkfüßlerin. „Fühlt sich spitze an, als ginge ich auf Wolken.“
„Freut mich, dass ich helfen konnte“, sagte Doramalo und die beiden Hexenschwestern schüttelten sich zum Abschied feierlich die Hände.
Während Doramalo in den zartrosa Zauberspiegel stieg und Malodora ihrer Schwester nachwinkte, kuschelte sich Schnurrle zufrieden an die neuen Socken ihrer Herrin. Die rochen wirklich gut und fühlten sich wie watteweiche Wölkchen an.

Die Geschichte spinnt sich an der entsprechenden Bildergeschichte in David Mellings "Geisterbibliothek" entlang! Quelle: Oetinger Verlag , David Melling, "Die Geisterbibliothek" 2005